Text: Mag.a Doris Fries
Allgemeines
Barbara Michl arbeitet hauptsächlich bildhauerisch-plastisch. Ihr bevorzugtes Arbeitsmaterial ist der Ton, den sie in gebrannter Form zur Terrakotta beziehungsweise zur Keramik verarbeitet.
Neigung und Talent für das Keramikerhandwerk erkannte sie schon früh bei sich: an der Kunstgewerbeschule Graz bei Annemarie Losert. Eine umfassende Erweiterung und Vertiefung ihrer Kenntnisse bot ihr das anschließende Studium an der Universität für angewandte Kunst in der Meisterklasse Maria Biljan-Bilgers. Innerhalb ihrer Kollegenschaft zeigt Barbara Michls Schaffen wohl am unmittelbarsten die Auseinandersetzung mit dem künstlerischen Erbe ihrer Lehrerin und führt dieses auf sehr persönliche Weise, in einer klaren und zeitlosen Sprache fort.
Barbara Michls Œuvre umfasst figurale Kunst und Objekte mehr oder weniger monumentalen Formats, die sowohl für den Innen- aber auch den öffentlichen Raum gedacht sind. Daneben bereichern aber auch klein- oder mittelformatige Arbeiten der angewandten Kunst – Gebrauchsgegenstände, wie Gefäße oder Schalen ihr Schaffen. Eine strenge Abgrenzung innerhalb der Gattungen lässt sich in der Keramikkunst nicht immer klar ziehen, ein Umstand, der aber gerade Barbara Michls Werk so besonders reizvoll erscheinen lässt.
Frühe Arbeiten
Barbara Michls Frühwerk der 1980er und frühen 1990er Jahre ist geprägt durch eine Reihe monumentaler, säulenhaft aufragender Plastiken aus additiv aneinander gereihten, biomorphen und geometrisch-abstrahierten Formen. Ebenso lebhaft wie das Formenvokabular, aus dem die Plastiken zusammengesetzt sind, ist ihre Materialoberfläche: Die Bildhauerin kratzt und ritzt Rillen und Kerben in den noch feuchten Ton und koloriert die Arbeiten passend dazu in der Manier der in dieser Zeit aufkommenden gestisch-expressiven Malerei der „Neuen Wilden“. Die zumeist als Freiskulptur konzipierten Tonstelen lassen vielfältige Assoziationen zu, ein Umstand, der sich auch in der bewusst frei gehaltenen Titulierung dieser Arbeiten zeigt („Ohne Titel“, „Mondblumen“ (1983), „Blautonig“ (1989), „Kann man Berge versetzen…?“(1989), „Grenzsteine – oder der Weg nach innen“ (1992) (siehe Abbildungen 1 und 2).
Das figürliche (Haupt-)werk
Ist die Plastik „Auch die Steinfrau hat ein Herz“ (1985) (Abb. 4) in ihrer stelenhaften Erscheinung und ihrem biomorphen Formenvokabular noch ganz der Sprache der frühen Arbeiten verhaftet, so weisen figurative Werke wie „Eva und Adam“ (1988) (Abb. 5) bereits auf Keramiken der späten 1990er und 2000er Jahre voraus: In dieser Zeit entwickelt die Bildhauerin ihren unverwechselbaren Figurentypus, der ihr weiteres Schaffen in charakteristischer Weise prägen wird.
Insbesondere wird in diesen Arbeiten auch eine Tradierung von Formengut aus der Volkskunst und der Archaik beziehungsweise von Artefakten und Fetischen der Ur- und Stammesvölker Afrikas und Amerikas spürbar – ein Umstand, der in besonderer Weise bereits Maria Biljan-Bilgers Schaffen charakterisierte.
Dies wird etwa auch in der Gegenüberstellung mit den Statuen nackter, athletischen Jünglinge der griechisch-archaischen Kunst, den Kuroi deutlich: Deren athletisch-idealer Körperbau, ihr charakteristisches Lächeln und ihre streng symmetrisch-frontale Ausrichtung standen symbolhaft für Selbstbestimmung, innere Harmonie, Kraft und Vitalität des Dargestellten. Diese Aura großer Unmittelbarkeit und meditativer Ausgeglichenheit und Ruhe prägen auch Barbara Michls Figuren.
Die Künstlerin selbst spricht in diesem Zusammenhang von einer inneren Spannung, ein Zustand aus Ruhe und Unruhe, die jeder Figur idealerweise anhaftet und den sie [während des Schaffensprozesses] immer wieder neu zu erfinden trachtet. Als wichtigste, die Figur beherrschende Prinzipien nennt sie: größte Ruhe, Ordnung und Klarheit. Denn so soll nicht Überflüssiges den Blick des Betrachters vom Wesentlichen ablenken, damit ein meditatives Schauen [sic!] möglich wird, so die Künstlerin.
Das besondere Interesse der Bildhauerin in dieser Epoche gilt der Darstellung der weiblichen Figur. Barbara Michls Frauenplastiken, sind sich ihrer Weiblichkeit und ihres Eros voll bewusst sind, idolhafte Stammesfrauen, nährende und gebärende Urmütter, Fruchtbarkeitsgöttinnen gleich. „Die weibliche Vitalität und die weibliche Erotik, die ja so mächtig sind im Leben, sind mir ein Anliegen“, bekennt die Künstlerin diesbezüglich und zeigt im Jahre 2003 unter dem Ausstellungsmotto „Lebensgroß – weiblich“ Arbeiten mit so sprechenden Titeln wie „Menschenbäume in Blüte“ oder „Die Natur des Menschen“ (beide 2002).
In der in den späten 1990er Jahren entstandenen Werkreihe „Mütter“ (Abb. 7 und 8) verortet die Bildhauerin nicht zuletzt auch ihre eigene Identität als Mutter dreier Söhne.
Eine adäquate, christlich-sakrale Plastik
Das künstlerische Anliegen Michls der letzten Jahre ist geprägt von der Suche nach einer „zeitgemäßen, sakralen Plastik, die dem Bedürfnis der Gläubigen unserer Tage entgegenkommt“.
Auch in diesem Kunstwollen spielt einmal mehr Michls eigene Biografie eine wichtige Rolle. Ausgelöst durch den Verlust naher Freunde, kommt es zu einer verstärkten Hinwendung zu Spiritualität und insbesondere dem christlichen Glauben. Eine daraus resultierende Auseinandersetzung mit der biblischen Geschichte und Heiligenviten führt schließlich auch zur Entstehung von Keramiken zu diesem Thema.
Michls „Engelfiguren“ (Abb. 9 und 10), die sie sowohl als vollplastische Standfiguren als auch kleinformatige, reliefhafte Wandengel konzipiert, sind für ihr Werk charakteristischerweise ebenfalls durchwegs weiblich konnotiert. Sie künden auf heiter-leichte Art und Weise von Licht und Liebe, schweben herab, haben ihre Hände zum Gebet gefaltet, fungieren als Lichtträger, singen und musizieren und sind durch und durch Himmelsboten, Friedens- und Liebesbotschafter. Die Künstlerin hat sich ganz bewusst gegen eine Polychromierung ihrer Wandengel ausgesprochen: „Weiß auf weiß – Transparenz und Transzendenz“ lautet ihr spirituelles Motto diesbezüglich.
Auch Barbara Michls „Erlöser“ (Abb.11) ist kein leidender und gemarterter Christus, sondern bereits ein Auferstandener und ein segnender und Frieden bringender Salvator, wie ihn die frühmittelalterliche Kunst kennt.
Abermals weibliche Figuren fungieren als Kerzenträgerinnen, sogenannten „Laien-Lichtträgern“ (Abb.12). Die Künstlerin will mit Ihnen auf die immer wichtiger werdende Beteiligung von Laien im Pfarralltag hierzulande aufmerksam machen und äußert gleichzeitig den Wunsch nach einer stärkeren Einbindung dieser im liturgischen Geschehen.
Literatur
- Barbara Michl, Tonarbeiten 1982 – 1992, Ausstellungskatalog „Grenzsteine“, Frauenkirchen – Erding 1992
- Universität für angewandte Kunst Wien und Verein der Freunde der Maria Biljan-Bilger Ausstellungshalle Sommerein (Hrsg.), Maria Biljan-Bilger und ihre Meisterklasse an der Angewandten in Wien, Ausstellungskatalog, Katalog der Sonderausstellung „Maria Biljan-Bilger Ausstellungshalle Sommerein“, Wien 2009